Ein FSJ ist auch bei der Feuerwehr möglich, so zum Beispiel bei der Feuerwehr der Verbandsgemeinde Kirchheimbolanden. Im Folgenden berichtet Philipp von seinen Tätigkeiten:
1.Erzähl uns von einem normalen Tag im Freiwilligendienst (FD) bei dir?
Ganz typisch, wie wahrscheinlich bei vielen Arbeitenden, starte ich meinen Tag um 8 Uhr morgens. Meistens gehe ich erstmals ins Büro, stelle meine Tasche ab, checke meine E-Mails und begrüße meine beiden Kollegen, die bereits ein paar Minuten früher vor Ort sind. Da wir bei der Feuerwehr allerdings immer “in der Lage” leben, ist es auch schon vorgekommen, dass mein Tag, bedingt durch einen Einsatz, früher begonnen hat. Nachdem all dies abgehakt ist, weisen mich meine beiden Kollegen in Tätigkeiten ein, die für den heutigen Tag anstehen. Seien es Inspektion der Fahrzeuge, das Reinigen und Prüfen der verschmutzten Schläuche und noch vielem mehr. Wie für die Feuerwehr typisch, kommen zwischendurch die verschiedensten Einsätze, die den Tag dann komplementieren. Hier reichen die Einsatzstichwörter von einer “einfachen” Ölspur bis hin zu einem Zimmerbrand oder dem Verkehrsunfall bei glatter Straße im Winter. Letztlich endet mein Arbeitstag gegen 17 Uhr, sofern kein weiterer Einsatz oder eine dringliche Tätigkeit dazwischenkommt.
2. Was sind 3 Hauptaufgaben in deinem FD?
Möchte ich mich hier auf 3 Aufgaben beschränken? Ich glaube nicht. Dafür habe ich nicht mit meinem FSJ angefangen. Hier möchte ich die Vielseitigkeit der Feuerwehr erleben, Erfahrungen sammeln, die man als “normaler” Feuerwehrmann in einer Freiwilligen Feuerwehr nicht erlebt. Und das ermöglichen mir meine beiden Kollegen. Sie zeigen mir all das, was einen hauptamtlichen Gerätewart erwarten kann, wie dynamisch das Feuerwehrleben sein kann. Seien es kleine Reparaturen an Blitzleuchten von MTW´s, einem Ölwechsel bei einer Inspektion oder aber auch Arbeiten im Büro.
3. Warum hast du dich dafür entschieden, einen FD zu machen?
Erfahrungen! Ich wollte wissen, wie es ist, bei einer Feuerwehr zu arbeiten. Ich wollte erfahren, wie die Feuerwehr „Hintenrum“ arbeitet und funktioniert. Welche Aufgaben hat jemand, der bei der Feuerwehr arbeitet? Trinkt er nur Kaffee und dreht Däumchen? Oder stehen doch so viele Arbeiten an, die sich auch mit der Zeit anhäufen, da wir bei der Feuerwehr sind, Gerätschaften oft benutzt werden, viele Menschen mit all den Dingen interagieren, wir Menschen mit hydraulischem Rettungssätzen aus Autos befreien… Wie repariert man solche Dinge? Worauf muss man achten? Wie ist der “Wachalltag”? Nebenbei hilft es mir, mich auf meine Zukunft vorzubereiten. Welchen Weg möchte ich nach dem FD einschlagen? Möchte ich studieren gehen oder doch eine Ausbildung anfangen? Merke ich, dass die Feuerwehr genau das ist, was ich später machen möchte, oder ist es doch ein anderer Bereich, der mich interessiert? All die ganzen Einblicke und Erfahrungen helfen mir, meinen noch lückenhaften Plan auszufüllen. Mich entscheiden zu können und mir einen Puffer zu geben.
4. Mit welchen Menschen hast du zu tun?
Superhelden? Naja, zumindest fast. Primär mit meinen beiden Kollegen, den hauptamtlichen Gerätewarten der Feuerwehr VG Kirchheimbolanden. Diese begleiten mich, oder ich begleite sie, durch den Feuerwehralltag. Neben diesen beiden trete ich noch mit meinen Kameraden-/innen der Feuerwehr in Kontakt, die zu den jeweiligen Einsätzen und Übungen kommen.
5. Highlights aus deinen Bildungsseminaren?
Eine doch überraschend gute Wendung. Nach anfänglichen Motivationsschwierigkeiten wandelten sich die Bildungsseminare in eine schöne Erfahrung. Vor allem das zweite Bildungsseminar, welches von dem Pädagogen Philipp Voigt begleitet wurde, stimmte mich ins Positive. Ich habe hier einen Menschen kennengelernt, von dem ich etwas fürs Leben mitnehmen konnte. Ich habe einen Menschen getroffen, der mich zum Nachdenken anregte. Eine Erfahrung, die ich nie missen möchte. Ein weiterer, besonderer Dank geht an unseren pädagogischen Verantwortlichen und mittlerweile auch Freund, Bernd Loch, der uns während unseres Jahres begleitete und auch an den jeweiligen Einsatzstellen besuchte. Hier konnten wir jederzeit auf ein verlässliches Ohr vertrauen, wenn uns etwas quälte. Das wohl größte Highlight war die Abschlussfahrt nach Berlin, bei der wir das Jahr Revue passieren lassen konnten und die Hauptstadt der Bundesrepublik kennenlernten. Vor allem aber der Besuch der Feuerwache “Berlin Mitte” bleibt mir für immer in Erinnerung. Des Weiteren wurden durch die Bildungswochen enge Freundschaften geknüpft, die bis heute anhalten!
6. Schildere ein besonderes Ereignis deiner Einsatzstelle?
Hier eins herauszusuchen wäre wahrscheinlich der falsche Ansatz. Vor allem bei uns, der Feuerwehr. Es ist immer wieder herzerwärmend, wenn man in den Einsatz fährt und dem Menschen in Not mit qualifizierter Hilfe den Tag verschönern kann. Ich glaube, dass dieses Gefühl, diese Tätigkeit, alles andere deutlich übersteigt und man sich jeden Tag mit Stolz auf die Schulter klopfen kann, da man einer anderen Person geholfen hat. Ihr wahrscheinlich sogar das Leben rettete. Aber sind wir ehrlich: Wann geht uns am meisten der Puls? Genau, wenn wir auf dem Melder lesen, dass es ein bestätigter Lagerhallenbrand, ein VU mit eingeklemmter Person und ähnliches… ist. Ein für besonderes Ereignis war der Lagerhallenbrand am 13.01.2022. Wenn man auf das Objekt zufährt und die Nacht zum Tag wird, weil man nichts außer Feuer sieht! Dennoch: All die Dinge, die hier geschehen, schenken mir unglaubliche Erfahrung, die mich sowohl fachlich als auch menschlich weiterbringen. Jeder noch so kleine Einsatz, jede noch so kleine Reparatur lehrt mich etwas, das ich gestern noch nicht wusste. Das macht mich stolz, weil ich aktiv sehen kann, dass ich als Mensch wachse.
7. Was sagen deine Eltern oder deine Freunde dazu, dass du einen FD machst?
Der Aufbruch ins Ungewisse reizt wahrscheinlich jeden. Und so auch meine Eltern und Freunde. Da fast alle studieren gehen, ist es doch ein interessanter Kontrast zu ihrem Lebensweg und man wird oft gefragt, was für eine Arbeit man ausübt, da die Feuerwehr als „FSJ-Dienstleister“ eher ungewöhnlich ist und man typischerweise andere Bereiche im Kopf schweben hat, die in der Vergangenheit deutlich populärer und verbreiteter waren. Seien es Grundschulen, Kindergärten…. Es freut mich, so viel Zuspruch zu bekommen. Das Interesse der anderen und die Möglichkeit, darüber zu berichten, bestätigen mich in meiner Entscheidung.
8. Warum würdest du einen FD weiterempfehlen?
“Erfahrungen vererben sich nicht – jeder muss sie alleine machen.” – Kurt Tucholsky. Diesem Zitat würde ich mich so anschließen. Als ich das erste Mal auf das Angebot stieß und darüber nachdachte, nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr zu machen, zweifelte auch ich ein wenig. Und warum? Naja, alle meine Freunde gehen studieren, bereisen die Welt und ich würde ein FSJ machen? Das hatte mich zweifeln lassen, dennoch konnte ich mich dazu überreden, das FSJ anzugehen. Das Ergebnis: Mit einer meiner besten Entscheidungen meines Lebens. Ich habe die Möglichkeit, mich zu finden, Erfahrungen sammeln zu können und Feuerwehr zu erleben. Hier gilt es auch, ein großes Dankeschön an meinen Kollegen auszurichten, die mir aktiv die Möglichkeiten an die Hand geben, mich “auszuleben” und mir die Fülle der Feuerwehr nahebringen. Durch die ganze Zeit hindurch wird und wurde mir die Chance geben, mich auszuprobieren, Neues zu entdecken und mir geholfen, eine Entscheidung für die Zukunft fällen zu können. Und das kann ich anderen, die eventuell ein FSJ in Betracht ziehen, empfehlen. Gebt euch den nötigen Ruck und sammelt all diese Erfahrungen. Ihr wachst. Als Mensch und als Feuerwehrmann/- Frau
9. Welcher Begriff steht/ welche 3 Begriffe stehen für dich für den FD?
Hier möchte ich es ganz kurzhalten: Erfahrungen, Wachsen, Feuer
(Fotos: P. Brüggemann)
Dieses Interview entstand mit Freiwilligen, der sein FSJ bei dem Landesfeuerwehrverband Rheinland-Pfalz in der Verbandsgemeinde Kirchheimbolanden absolviert hat. Ein weiterer Träger, der ein FSJ bei der Feuerwehr anbietet ist:
https://paritaet-freiwilligendienste.de/